Die Nachricht kam für sie völlig unerwartet. Prof. Dr. Thomas Baumgärtler, Prodekan für Studium und Lehre an der Fakultät B + W, sprach Daria Belmak an. Er bat die BWL-Studentin, ihm ihren Lebenslauf mit all ihren Tätigkeiten zukommen zu lassen. Auf die Nachfrage, warum, antwortet der Professor: Er wolle sie für den DAAD-Preis vorschlagen.
Dieser Preis wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) jährlich ausgeschrieben und hochschulintern von einer Auswahlkommission an einen Studierenden vergeben. Mit diesem sollen ausländische Studierende ausgezeichnet werden, die ihr Studium in Deutschland absolvieren und sich durch gute akademische Leistungen sowie gesellschaftlich-soziales Engagement hervorgetan haben. Das Preisgeld beträgt 1000 Euro.
Dass Belmak unter den vorgeschlagenen Studenten von der Hochschule Offenburg zur Preisträgerin ausgewählt wurde, hat die gebürtige Ukrainerin überwältigt - nicht nur wegen des Geldes. Dieses kann sie aktuell zwar gut brauchen: Ab November wird sie ihre Bachelor-Thesis schreiben, für die Belmak seit 1. September bei der SICK AG in Waldkirch zum Thema "Neuer Standard zur Leasing-Bilanzierung auf der Ebene der internationalen Rechnungslegung" recherchiert.
Die 1000 Euro möchte sie zur Seite legen, um in der Abschlussphase ein finanzielles Polster zu haben und freut sich, "dass ich mir keine Gedanken machen muss, ob ich noch abends oder am Wochenende arbeiten muss, sondern entspannt die Thesis schreiben kann". Falls sie das Preisgeld in der Bachelorabschlussphase nicht braucht, soll es als Sicherung für den Übergang zwischen Studium und Beruf dienen.
Doch mit dem DAAD-Preis verbindet Daria Belmak zudem ihre ganz eigene Vorgeschichte: Im Oktober 2013, sie lebte seit gut einem Jahr in Deutschland und stand am Anfang ihres Studiums, war sie unter den Gästen bei der Hochschulfeier. Ihr Freund hatte erfolgreich seinen Abschluss an der Offenburger Hochschule gemacht und auch der DAAD-Preis wurde an dem Abend überreicht. "Toll, das will ich auch", überlegte sie sich damals - ohne daran zu denken, dass sie selbst einmal Preisträgerin sein könnte.
"Für mich war das Studium in Deutschand eine große Herausforderung", erinnert sie sich. Bereits in der Ukraine, wo sie in einer kleinen Stadt im Süden geboren wurde, aufgewachsen ist und das Abitur abgelegt hat, hatte sie 2008 parallel zum Management-Studium an der Agraruniversität Mykolajiv Deutschkurse besucht. Nach Bachelor- und Magisterabschluss mit Auszeichnung zog sie 2012 nach Deutschland, wo sie als Au-Pair-Mädchen ihre Sprachkenntnisse vertiefte. Schon damals war ihr Ziel: im Wintersemester 2013/2014 ihr Studium an der Hochschule Offenburg aufzunehmen.
Mit ihren rund 60 Kommilitoninnen und Kommilitonen verstand sich Belmak von Anfang an. Die Erstsemester seien eine sehr familiäre, kleine Gruppe gewesen. Auch die Dozenten hätten den beiden Ausländerinnen im Kurs immer ihre Unterstützung angeboten und wären sehr aufmerksam gewesen.
Doch, selbst wenn heute im Gespräch mit Daria Belmak kaum mehr ein Akzent zu hören ist, die entsprechenden Sprachkenntnisse fürs Studium waren für die Ukrainerin anfangs eine große Herausforderung. "Den Deutschtest zu bestehen heißt noch nicht, alles im Studium zu verstehen", erinnert sie sich. Der bereits gelernte Wortschatz habe einfach nicht zum Stoff der Vorlesungen gepasst. Nach den Kursen musste sie erst zwei Seiten Fremdwörter notieren und übersetzen, bevor ans inhaltliche Lernen zu denken war.
"Alles, was ich nicht weiß, kann ich lernen", benennt Belmak ihre Überzeugung, die ihr über die ersten zwei Semester geholfen hat. Ab dem dritten Semester kam sie dann sprachlich gut mit und auch die Noten wurden besser. Eine schwache Stelle in eine Stärke zu verwandeln, das hat sie zu einem Studium in Deutschland bewogen und nun zur Wahl ihres Thesis-Themas zur internationalen Rechnungslegung. Das sei ihr Rezept, bis alle Schwächen Stärken sein sollen.
Dass sie sich seit 2014 als Mentorin für Studienanfänger engagiert, Mitglied im allgemeinen Studierendenausschuss, Fakultätsrat und seit 2016 auch in der Studienkommission ist, macht Belmak an der Hochschule Offenburg wie auch einst an der ukrainischen Universität aus "einem inneren Bedürfnis heraus". Und das zeitlich, obwohl sie parallel zum Studium in Offenburg und von ihrem Wohnort Denzlingen aus einem Nebenjob in einem Gasthaus in Freiburg nachgeht.
Mittlerweile ist sie vier Jahren in Deutschland und fühlt sich seit knapp zwei Jahren auch in allen Bereichen des Lebens in ihrer neuen Heimat angekommen. Eine Stelle im Bereich Finanzen und Controlling eines internationalen Unternehmens, das wünscht sie sich nach ihrem Studiumabschluss.
Bei der Hochschulfeier am 21. Oktober wird Daria Belmak nun der DAAD-Preis überreicht. An dem Tag kann sie auch ihren 28. Geburtstag feiern. "Ich freue mich riesig und habe mir schon überlegt, was ich anziehen soll", berichtet sie. Die Studentin war zunächst etwas traurig, dass sie nicht mit ihren Kommilitonen an der Feier verabschiedet werden konnte, da sie erst für Anfang 2017 ihre Thesis-Abgabe eingeplant hatte.
Als DAAD-Preisträgerin hat Daria Belmak an dem Abend guten Grund zum gemeinsamen Feiern. Bei allem Fleiß und viel Ausdauer hat diese Auszeichnung sie vor allem von einem überzeugt: sich immer ganz genau vorzustellen, was man möchte. Sie meint: "Man muss sich etwas ganz fest wünschen, dann macht auch das Universum mit und es klappt."