Trinkbares Wasser wird in vielen Ländern zur Mangelware – obwohl wir doch von riesigen Ozeanen voller Wasser umgeben sind. Nur: Meerwasser kann man nicht trinken. „Aber man kann es entsalzen und daraus trinkbares Wasser gewinnen“, sagt Susanne Mall-Gleißle, Professorin für Umwelt- und Energieverfahrenstechnik an der Hochschule Offenburg. Die Idee ist nicht neu: „Die Meere versorgen heute schon Millionen Menschen mit Trinkwasser. Meerwasserentsalzungs-Anlagen gibt es seit vielen Jahren.“
Die Offenburger Forscher um Mall-Gleißle haben nun eine Schauanlage konstruiert mit der sie zeigen wollen, dass die Entsalzung mit umweltfreundlichen Technologien realisiert werden kann. Denn die herkömmlichen, riesigen Anlagen wie sie etwa an den Küsten rund um das Mittelmeer oder im Nahen Osten zu finden sind, brauchen hohe Mengen an fossiler Energie, um das Wasser zu erhitzen und wieder abzukühlen. „SolAqua“ heißt die neuartige Pilotanlage auf dem Offenburger Campus: „Neu daran ist, dass die zur Entsalzung nötige Energie mit Hilfe von Sonnenkollektoren gewonnen wird“, erklärt Mall-Gleißle. Viele Länder rund um das Mittelmeer und im Nahen Osten böten ideale Bedingungen für dieses umweltfreundliche Verfahren, weil man dort sowohl Solarthermie nutzen kann und einen direkten Zugang zum Meerwasser hat.
Das Prinzip der Verdampfungstechnik ist ganz einfach: Meerwasser wird erhitzt. Das Wasser steigt als Dampf auf, kühlt ab und tropft in ein Sammelbecken: Trinkwasser entsteht. Das Verfahren der Offenburger Anlage ist ein bisschen komplizierter: Das Meerwasser wird mithilfe von Solarabsorbern auf 80 Grad Celsius erhitzt und wird mithilfe von Unterdruck effektiver verdampft. Diesen Dampf wollen die Offenburger Ingenieure nutzen, um ein Dampfturbine anzutreiben und so zusätzlichen Strom zu erzeugen, der den Energiebedarf der Anlage decken kann. Durch Kühlung mit Meerwasser wird der Wasserdampf kondensiert. Aus 100 Liter Meerwasser können wir drei bis fünf Liter Trinkwasser gewinnen“, so Mall-Gleißle. Zusätzlich werde die Restwärme des übrigen Salzwassers genutzt.
„Bei der wachsenden Weltbevölkerung ist Wassernotstand vorprogrammiert“, so Mall-Gleißle, man könne sich daher nicht nur auf das drängende Wasserproblem fokussieren, sondern dürfe andere Umweltaspekte wie Energieeffizienz und saubere Energiegewinnung nicht aus den Augen verlieren. „Unser Konzept ist eine Demonstrationsanlage. Der Funktionsnachweis ist erbracht, aber am Markt gibt es solche Anlagen noch nicht.“
Die Anlage sei modular aufgebaut und außerdem anlagentechnisch einfach und kompakt. Sie könne also in ihren Dimensionen an die Bedürfnisse vor Ort angepasst werden und sei durchaus auch als dezentrale Anlage denkbar, was wiederum die Abhängigkeit von großen Industrieanlagen senke: „Der Ansatz ist viel versprechend“, erklärt Mall-Gleißle, jetzt brauche es nur noch einen Investor, der das neue Konzept zur Marktreife bringen könne.
Die Schauanlage in Offenburg wird mit blauem Wasser betrieben: Damit der Prozess besser veranschaulicht werden kann. Am Ende kommt dabei klares Trinkwasser heraus. Geplant, konstruiert und aufgebaut wurde sie unter Anleitung von Ingenieur Jürgen Zimmer und Mechanik-Meister Tobias Duri komplett von Studierenden des Studiengangs Umwelt- und Energieverfahrenstechnik. „Unsere Studierenden lernen also, wie man solche Anlagen konzipiert, baut und betreut.“ Mit der Anlage wolle man auch zeigen, dass die Lerninhalte der Verfahrenstechnik die drängenden Probleme der Zukunft im Blick haben. Nicht unrealistisch, dass der Bedarf an solchen Experten künftig weiter steigt. Wasser wird schließlich immer knapper.