EU-Projekt: Smarte Kleider für Taubblinde

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Die Hochschule Offenburg entwickelt im Rahmen eines EU-Projekts "intelligente" Kleider, die Taubblinde bei der Kommunikation und im Alltag unterstützt.

Ein Kleidungsstück als Kommunikationsschnittstelle für taubblinde Menschen – das ist das angestrebte Ziel eines EU-Projekts, das Anfang 2018 startet und drei Jahre dauern soll. Im Rahmen des EU-Programms Horizon2020, dem bislang größten Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, soll bis 2020 ein einsatzfähiger Prototyp entstehen, der anschließend von den teilnehmenden Firmen bis zur Marktreife weiterentwickelt wird. Universitäten und Firmen aus sieben Ländern arbeiten bei dem Projekt zusammen. Die Projektkoordination übernimmt die Universität Borås aus Schweden, die Hochschule Offenburg ist vor allem für Gamification (das bedeutet die Integration spielerischer Elemente in Anwendungen) und die soziale Interaktion zuständig.

Taubblinde sind  zum Wahrnehmen ihrer Umwelt stark auf Familienmitglieder und andere Helfer angewiesen. Die Kommunikation ist nur mittels Berührungen möglich: Die Hände müssen Ohren, Augen und Mund ersetzen. Im EU-Projekt SUITCEYES werden Forscherinnen und Forscher nun einen Prototyp entwickeln, der mittels intelligenter Textilien Taubblinden mehr Kommunikationsmöglichkeiten bietet, auch über größere Distanzen hinweg.

„Die im Projekt entwickelten Assistenztechnologien erschließen Taubblinden neue Lebensbereiche. Durch die Kombination mehrerer Sensoren und Aktoren werden Informationen aus der Umgebung an den Träger eines intelligenten Kleidungsstücks weitergegeben. Dies ermöglicht Taubblinden völlig neue Kommunikationsmöglichkeiten: Sie erhalten einen größeren Aktionsradius und sollen zum Beispiel nonverbale Signale wie Lächeln erkennen können“, beschreibt Prof. Dr. Oliver Korn von der Hochschule Offenburg die Zielsetzung des Projekts.

Die Kleidungsstücke sollen die Informationen durch Berührungen oder Bewegungen an den Träger übermitteln. So kann dem Träger zum Beispiel mitgeteilt werden, ob er angesehen wird oder wohin der Ball gerollt ist, den er fallen lassen hat.  Zusätzlich werden Gamification-Elemente integriert, die der neuen Erfahrung einen angenehmen und spielerischen Charakter verleihen. Das Ergebnis wird ein intelligentes und spielerisch angereichertes „smartes“ Textil sein, das die Autonomie und die Lebensqualität taubblinder Menschen erhöht.

Die Forschung  mit den intelligenten Textilien hält noch weitere Einsatzmöglichkeiten bereit, ist sich Prof. Korn sicher: „Wir glauben, dass das Kleidungsstück auch in anderen Bereichen eingesetzt werden könnte, zum Beispiel bei Situationen mit eingeschränkter Sicht, wie beim Tauchen oder bei Feuerwehreinsätzen oder im Sport, damit der Trainer beispielsweise die Bewegungen seines Athleten exakt verfolgen kann.“

Hintergrund

Das neu gegründete Affective and Cognitive Institute (ACI) der Hochschule Offenburg entwickelt unter Leitung von Prof. Dr. Oliver Korn kontextbewusste und interaktive Anwendungen für die Bereiche Bildung, Arbeit und Gesundheit. Schwerpunkte sind die Integration spielerischer Elemente in Anwendungen (Gamification), Assistenzsysteme, Emotionserkennung und soziale Roboter. Aktuelle Forschungsprojekte sind KoBeLU (BMBF), incluMOVE (BMBF) und SUITCEYES (EU). In letzterem fokussiert das ACI die Themen kontextbewusste und soziale Interaktion sowie Gamification (spielerische Anreicherung der Interaktionen).

Projektinformationen

SUITCEYES steht für:
Smart, User-friendly, Interactive, Tactual, Cognition-Enhancer that Yields Extended S

ensosphere

Projektpartner:

-        Universität Borås, Schweden (Projektkoordinator): verantwortlich für die Entwicklung der haptischen Schnittstelle durch intelligente Kleidungsstücke

-        CERTH, Griechenland (Centre of Research & Technology Hellas): verantwortlich für Gesichts- und Objekterkennung, Datenerfassung, Übersetzung und Semantik

-        Hochschule Offenburg, Deutschland: verantwortlich für Gamifizierung und soziale Interaktion

-        Universität Leeds, Großbritannien: verantwortlich für Nutzerbedürfnisstudien, soziale Inklusion, Navigation und Umgebungswahrnehmung

-        Universität Amsterdam, Niederlande: verantwortlich für haptische Psychophysik und Testen des Prototyps

-        Les Doigts Qui Rêvent, Frankreich: verantwortlich für die Vernetzung mit Käufern und Verbreitung der Ergebnisse

-        Harpo, Polen: verantwortlich für die Verbreitung und die Nutzung der Ergebnisse

 

Weitere Informationen: suitceyes.eu affective-lab.org/suitceyes/