Eine Frage der Motivation

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Sie sind zwischen 24 und 29 Jahre alt und machen an der Hochschule Offenburg ihren Bachelor und ihren Master. Was sie eint, sind neben ihrem Heimatland Kamerun ausgezeichnete Deutschkenntnisse. Trotzdem haben sie immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen.

Das Quartett aus Kamerun. // Foto: Gertrude Siefke

Birgit Teubner-Jatzlau ist verstimmt. Die Leiterin des International Office der Hochschule muss immer wieder lesen und hören, dass die Studierenden aus dem Ausland kein Deutsch könnten: "Uns macht das betroffen." Denn gerade an der Offenburger Einrichtung werde sehr viel Wert auf gute Deutschkenntnisse gelegt, ganz abgesehen davon, dass die Bachelorstudiengänge deutschsprachig gehalten und alle Prüfungen auf Deutsch absolviert werden müssen, auch die Bachelorarbeit muss auf Deutsch verfasst sein. Darüber hinaus gibt es deutschsprachige Masterstudiengänge, zum Beispiel Medizintechnik.

Die internationalen Masterprogramme laufen zwar zum Großteil auf Englisch, doch müssen die Studenten in Offenburg sechs Semesterwochenstunden Deutschunterricht belegen. Das geforderte Niveau in den deutschsprachigen Studiengängen ist hoch und liegt nach dem europäischen Referenzrahmen bei C1, was ein "fortgeschrittenes Kompetenzniveau" bedeutet. Vera Vanié, die für die Gesamtkoordination der Graduate School zuständig ist, kann das nur bestätigen: "Das Gros unserer Studenten ist sprachlich fit." Wer in den englischsprachigen Studiengängen das erforderliche Sprachniveau nicht erreicht, bekommt seinen Abschluss nicht (in den deutschen muss das bereits für die Zulassung nachgewiesen werden) - wohl Ansporn genug.

Pierre-Christian Takam studiert im dritten Mastersemester Medizintechnik und ist angetan von der "sehr guten Qualität" an der Hochschule. Der 29-Jährige lebt seit 2009 in Deutschland und hat in Freiburg angefangen, Deutsch zu lernen. In Offenburg fühle er sich fast zuhause, er findet die Stadt offen und "multikulti". Seit 2013 arbeitet er als Laborbetreuer, sein Dank gilt der Hochschule und den Professoren, die ihm vieles ermöglichen, wobei für ihn feststeht: "Man muss sich anstrengen."Seine hervorragenden Deutschkenntnisse kommentiert er mit einem Schmunzeln: "Übung macht den Meister."

Salomon Bessane studiert im dritten Semester Mechatronik: "Ich wollte mich schon immer mit Technik beschäftigen." Auch sein Dank gilt der Hochschule. Der Anfang sei schwierig gewesen, ein fremdes Land, eine fremde Kultur. Inzwischen hat der 26-Jährige Kontakt zu Einheimischen und ist davon überzeugt: "Es hängt vom Einzelnen ab." Gemeinsam mit seinen Kollegen ist Salomon auch in seiner Freizeit sehr aktiv und Präsident von "Vaso und Freunde". Die Buchstaben stehen für "Verein afrikanischer Studenten Offenburg". Die Mitglieder legen Wert darauf, nicht unter sich zu bleiben, sondern sich zu öffnen. Ihren Blick über den Tellerrand beweisen sie, wenn sie sonntags von 10 bis 13 Uhr in der Sporthalle der Konrad-Adenauer-Schule Fußball spielen. Das Angebot richtet sich ausdrücklich an Flüchtlinge. "Wir holen sie auch von ihrer Unterkunft ab", versichert Pierre-Christian. Bis zu 15 junge Männer aus den Kriegsgebieten kicken mit den Studenten. Auch vor den Containern am Flugplatz wurden schon Plakate aufgehängt.

Junior Zokou ist mit seinen 24 Jahren der jüngste des Quartetts. Er absolviert den trinationalen Studiengang Elektrotechnik/Informationstechnik und wird demnächst sein Praxissemester in der Schweiz absolvieren. Er will wie seine Kommilitonen später nach Kamerun zurück. Das sei kein Selbstläufer. Es gebe in seiner Heimat einen großen Wettbewerb. Um so wichtiger sei es, hier einen guten Abschluss zu machen und viel Erfahrung zu sammeln. Elie Keumeneuk wirkt entspannt. Vorurteile und kleine Rempeleien "lassen mich cool". Er fühle sich von Ressentiments nicht betroffen. Der 26-Jährige will nach seinem Abschluss mindestens zwei Jahre in Deutschland arbeiten. Was ihn hierher geführt hat? "Den trinationalen Studiengang gibt es in Kamerun gar nicht."

Teubner-Jatzlau ist voll des Lobes und bezeichnet die jungen Männer als "Aushängeschilder der Hochschule". Auch die Firmen, mit denen die Hochschule zusammenarbeitet, seien sehr zufrieden. Pierre-Christian Takam strahlt. Genau das sei auch das Ziel: "Wir wollen zeigen, dass wir Afrikaner mehr können als essen, tanzen und feiern." Alles eine Frage der Motivation. Und die stimmt bei dem Quartett aus Kamerun.