Wohin mit der überschüssigen Energie? Wind- und Sonnenenergie stellen einen immer größeren Anteil am deutschen Energiemix, sind jedoch stark wetterabhängig. Das Problem: Die Einspeisung regenerativ erzeugter Energie ins Stromnetz schwankt zwischen Überschüssen und Unterversorgung.
Das deutschlandweit bereits bestehende Erdgasnetz bietet sich als riesiger Energiespeicher an –dieser muss nur noch erschlossen werden. „Von allen technischen Speichermöglichkeiten bietet derzeit ausschließlich das Erdgasnetz ausreichend Kapazität, um die benötigten enormen Energiemengen aufzunehmen“, erklärt Christiane Zell, Professorin für Biotechnologie an der Hochschule Offenburg. „Pumpspeicherkraftwerke zum Beispiel sind eine bereits lange praktizierte Möglichkeit, überschüssige Energie zu speichern und bei Bedarf wieder bereitzustellen. Aber diese alleine können den Speicherbedarf nicht decken.“ Das Erdgasnetz biete zusätzlich den Vorteil, die gespeicherte Energie über die bereits vorhandene Infrastruktur vom Ort der Erzeugung zum Ort der Nutzung zu transportieren.
Aber wie bringt man Solarstrom und Windenergie ins Erdgasnetz? „Damit das Erdgasnetz unbegrenzt genutzt werden kann, muss die Energie in Form des chemischen Energieträgers Methan vorliegen“, so Zell: „Die elektrische Energie etwa aus Wind-, Wasser- oder Sonnenkraft wird zunächst genutzt, um in einem elektrolytischen Prozess aus Wasser Wasserstoff zu gewinnen. Anschließend wird der Wasserstoff biologisch, das heißt unter Einwirkung von Mikroorganismen und Kohlendstoffdioxid in Methan umgewandelt.“ Power-to-gas nennen sich solche Verfahren: Strom zu Gas also.
Seit 2011 führt das Team um Professor Zell und Professor Ulrich Hochberg erfolgreich Forschungsarbeiten zur biologischen Methanisierung durch. Jetzt gehen die Offenburger Biotechniker einen entscheidenden Schritt weiter. Sie arbeiten nun daran, Rohbiogas mit Hilfe der Methanisierung quasi zu veredeln – um dieses dann ins Erdgasnetz einspeisen zu können. Dazu wollen sie die bislang im Labor entwickelte Technologie im industriellen Maßstab in einer Pilot-Biogasanlage testen.
Fündig wurden sie in der Käserei Monte Ziego in Teningen am Kaiserstuhl. Diese ist neben ihren preisgekrönten Produkten auch bekannt für ihre nachhaltige Erzeugungsweise. Geschäftsführer Martin Buhl hat zum Ziel, Deutschlands erster Nullenergie-Käserei zu werden – und hat neben einer eigenen Solarstromanlage im Jahr 2014 eine Biogasanlage eröffnet, die mit Molke betrieben wird, also einem Nebenprodukt, das bei der Herstellung von Milchprodukten anfällt. „Molke können die meisten handwerklichen Molkereien nur bedingt als Lebens- und Futtermittel einsetzen und sie lässt sich auch sonst kaum verwerten“, so Buhl: „Sie lässt sich aber hervorragend zu Biogas vergären.“ Ein Blockheizkraftwerk verbrennt das vor Ort erzeugte Biogas und produziert daraus Strom und Wärme.
„Allerdings verfügt das Rohbiogas über einen viel zu niedrigen Methangehalt, um dieses direkt ins Erdgasnetz einspeisen zu können“, erklärt Forscherin Zell: „Wir konnten das im Biogas enthaltene überschüssige Kohlenstoffdioxid durch die Zugabe von zusätzlichem Wasserstoff noch während der Gärung in Methan umwandeln und damit erfolgreich den Methangehalt des Biogases von 50 auf über 97 Prozent erhöhen.“ Durch die Steigerung des Methangehalts des vor Ort produzierten Biogases, so die Hoffnung, könnte die Energieeffizienz nochmals gesteigert werden. „Da hat nicht nur die Molkerei einen Vorteil, die dann energiereicheres Gas verbrennen könnte“, so Zell. „In größerem Maßstab wäre es denkbar, Überschüsse an regenerativ erzeugter Energie in einem biologischen Prozess in hochwertiges Gas umzuwandeln und in das Erdgasnetz einzuspeisen, also den größten Pufferspeicher des Landes.“
Das Projekt startete am 1. September diesen Jahres und ist auf eine Laufzeit von 30 Monaten angelegt, die Gesamtkosten belaufen sich auf knapp 490.000 Euro, davon trägt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt als Förderung einen Anteil von 425.000 Euro. Die Forscher erhoffen sich von dem Forschungsprojekt nicht nur übertragbare Erkenntnisse zur biologischen Methanisierung, sondern auch zur Steigerung von Energieeffizienz in Betrieben, die aus Abfallstoffen Biogas gewinnen.
Projektpartner sind die Firmen Wehrle Umwelt GmbH aus Emmendingen, die bereits zahlreiche Abfallvergärungsanlagen gebaut hat und betreibt, sowie der Ecobel GmbH aus dem schweizerischen Rüschlikon, die die bestehende Biogasanlage bei Monteziego nicht nur installiert hat, sondern auch wissenschaftlich und technisch betreut.