Kleine Kopfbewegungen mit großer Wirkung

|

Medizintechnik-Forscher der Hochschule Offenburg haben ein neues Verfahren zur Aktivierung künstlicher Hände entwickelt. Dabei werden diese durch Tracking mit einer Augmented-Reality-Brille gesteuert.

Bislang werden motorisierte Orthesen oder Prothesen der Hand durch elektrodenbasierte Systeme gelenkt, die Signale vom Gehirn oder den Muskeln verwenden. Diese Systeme haben ihre Funktionsfähigkeit zwar erfolgreich unter Beweis gestellt, sind aber sehr teuer, zeitintensiv in der Einrichtung und störanfällig. Außerdem fällt es den Betroffenen oft schwer, den Umgang mit ihnen zu erlernen.

„Es ist also eine offene Herausforderung, robustere Systeme zu entwickeln, die alltagstauglich sind und den Bedürfnissen der Patienten gerecht werden“, erklärt Doktorand Simon Hazubski. Im Team mit den Professoren Andreas Otte und Harald Hoppe von der Fakultät Elektrotechnik, Medizintechnik und Informatik hat er an der Hochschule Offenburg daher ein neues Verfahren zur Bewegung motorisierter Handprothesen entwickelt, das auf Augmented Reality basiert. Dabei kann die visuell wahrgenommene Umgebung durch eingeblendete Objekte, wie beispielsweise Steuerflächen, erweitert werden. Das neu entwickelte Verfahren nutzt die natürliche Blickrichtung der Betroffenen, um mit diesen virtuellen Steuerflächen zu interagieren. Denn ein Mensch, der etwas greifen will, schaut in der Regel ohnehin in die Richtung des zu greifenden Gegenstands und seiner Hand. „Orthesen oder Prothesenträger müssen also weder etwas wesentlich Neues lernen, noch sich besonders konzentrieren“, erklärt Simon Hazubski einen der Vorteile. Dass die Objekte immer in unmittelbarer Nähe der Prothese eingeblendet werden, wird durch eine an der Augmented-Reality-Brille montierte Kamera und einen entsprechenden Algorithmus realisiert. Um mit den Bewegungen des Blicks eine Bewegung der Prothese auszulösen, wurden zwei verschiedene Augmented-Reality-Systeme getestet. In einem System mit rechteckiger Steuerfläche lösen beispielsweise leichte Kopfbewegungen in die eine Richtung das Öffnen, leichte Kopfbewegungen in die entgegengesetzte Richtung das Schließen der Hand aus. In einem System mit runder Steuerfläche bestimmt die Kopfbewegung über die Stärke der Handbewegung und darüber ob diese sich leicht, mittelmäßig oder stark öffnet. Schauen die Betroffenen nicht in die Richtung der Hand verschwindet die virtuelle Steuerfläche, sodass sie das Sichtfeld im Alltag nicht einschränkt.

Zwar muss dieses visuelle Verfahren noch mit Patienten getestet werden, aber die niedrigen Kosten, die Einfachheit der Bedienung und der Verzicht auf störanfällige Elektroden machen das System zu einer vielversprechenden Lösung zur Wiederherstellung der Handbewegung.

Die Arbeit ist im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht. Zur Veranschaulichung des neuen Verfahrens hat das Forscher-Team zudem das folgende, auch für Laien verständliche Video erstellen lassen: