Das Lachen von Studierenden hallt durch das barocke Treppenhaus des ehemaligen Benediktinerklosters in Gengenbach. Die Fakultät B+W der Hochschule Offenburg ist hier untergebracht und bildet mittlerweile mit dem Neubau des Bildungscampus in der Vorstadt den Campus Gengenbach.
"Es ist sehr gemütlich hier", meint Kinga Kocsis und: "Gengenbach sieht sehr süß aus." Die 22-jährige gebürtige Ungarin ist jedoch nicht aus diesen Gründen zum Studieren an diese Fakultät der Hochschule Offenburg gekommen. Sie möchte zwei Abschlüsse machen und kann das hier im Fach Betriebswirtschaft/Logistik und Handel.
Das Double-Degree-Programm kam für Kinga Kocsis passend: Nachdem sie in Ungarn die Hochschulreife absolviert hatte, ist mit 19 Jahren nach Dänemark gezogen. Die ersten vier Semester hat sie dort am VIA University College in Horsens das Fach "Value Chain Management" studiert.
Zum Wintersemester 2015/2016 startete das Double Degree-Programm ihres Fachbereichs am VIA University College und dem Studiengang BW/Logistik und Handel an der Hochschule Offenburg. Als sie davon erfuhr, hatte sie schon ein Praxissemester in Amsterdam absolviert und arbeitete gerade im Rahmen des anderen bei Adidas in Herzogenaurach. Sie wollte unbedingt dieses Unternehmen in Deutschland kennenlernen und findet: "Auslandserfahrung ist sehr wichtig in dieser globalisierten Welt."
Nun wird Kinga Kocsis, die in Offenburg ein WG-Zimmer gefunden hat, wegen der zwei Praxisphasen bis zu den Double Degree-Abschlüssen vier Jahre brauchen. Standardmäßig baut sich das Programm, an dem sowohl Studierende des genannten Studiengangs von der Hochschule Offenburg sowie von der VIA teilnehmen können, folgendermaßen auf: Vier Semester werden je an der Heimathochschule in Offenburg beziehungsweise Aarhus/Horsens (DK) studiert, drei Semester an der Partnerhochschule inklusive eines Praxissemesters.
Am Ende müssen die Prüfungen beziehungsweise die Bachelorarbeit nur einmal gemacht werden. Jedoch sind damit zwei Abschlüsse geschafft: der in "Value Chain Management" von der VIA in Dänemark und der in "Logistik und Handel" von der Hochschule Offenburg.
"Der Double Degree wird von vielen Unternehmen gerne gesehen", weiß Kinga Kocsis, die nun auch ihre Bachelor-Arbeit in Deutschland machen wird - und auf Deutsch oder Englisch geschrieben einreichen kann. Nach dem zusätzlichen Intensivkurs in den Sommersemesterferien spricht sie bereits sehr gut Deutsch und dürfte bis dahin auch ihre schriftlichen Fremdsprachenkenntnisse perfektioniert haben.
Professor Dittrich lädt LH-Studierende zur Teilnahme ein
Quasi zur ersten Generation im Double Degree-Programm zählt neben Kocsis auch Asbjörn Rohold, der bislang ebenfalls am VIA University College, jedoch am Campus Aarhus "Value Chain Management" studiert hat. Die VIA ist die drittgrößte Universität Dänemarks. Der 26-Jährige hatte während seines Studiums schon immer ein Auslandsaufenthalt anvisiert. Doch in seinem Fachbereich war nur ein Semester an einer Partnerhochschule vorgesehen. Das erschien ihm zu kurz.
"Ich habe das Angebot gesehen, als es im Wintersemester 2015/2016 vorgestellt wurde, und es hat für mich gepasst", berichtet er und führt an, dass Deutschland der größte Exportmarkt für Dänemark sei. Ob er deshalb so fließend Deutsch spricht? "Nein", meint er, "Deutsch lernen wir eigentlich in der Schule. Für ihn steht nach dem Semester am Campus Gengenbach noch ein Praxissemester und das Abschlusssemester für die Bachelor-Arbeit auf dem Plan. Auch wenn es dem in Zell-Weierbach wohnenden Dänen an der hiesigen Hochschule gefällt, so freut er sich nun doch auf das Praxissemester.
Worin unterscheidet sich das Studium in Deutschland von dem in Dänemark? Kinga Kocsis findet die Unterschiede zwischen dem Studium in Deutschland und in Dänemark groß: An der VIA nutze sie immer den Computer, es werde mehr digital gemacht und es gebe mehr Gruppenarbeit im Unterricht. Die Vorlesungen hier seien anders, an der VIA würden sich die Studierenden keine Notizen machen. Nur die Klausuren laufen laut den beiden ähnlich ab.
"Das Studium in Deutschland ist auch anders aufgebaut", berichtet Asbjörn Rohold und meint damit das Kursangebot, das in Dänemark in der Regel nur im Sommer- oder im Wintersemester wieder angeboten wird. "In Dänemark werden alle Lehrveranstaltungen auf Englisch gehalten", schickt Rohold ebenso voraus, hält das jedoch für einen großen Vorteil.
Einig sind sich Kocsis und Rohold darin, dass das Studentenleben überall gleich ist in puncto wenig Geld. Die anfänglichen Sprachbarrieren scheinen so gut wie überwunden: Mittlerweile haben die beiden auch keine Probleme mehr mit der Geschwindigkeit der gesprochenen Sprache oder mit Fachtermini.
Und wie soll's mit Double Degree nach Studienabschluss weitergehen? Für Kinga Kocsis gerne in Deutschland, nachdem sie bereits so viel Arbeit in ihre Sprachkenntnisse investiert hat und gerne im Operations Management oder im Bereich Supply Chain eines Sportartikelherstellers. Asbjörn Rohold ist das Land relativ egal: In England, Deutschland oder Dänemark sollte die Anstellung sein. Den Bereich seines Traumjobs hat er dagegen klar vor Augen: das strategische Management in einem großen Unternehmen.
Doch bis dahin heißt es für beide erstmal lernen, im Praxissemester anpacken und dann Double Degree machen. Und wer weiß, was sich bis dahin für die beiden internationalen Studierenden noch für Möglichkeiten in der globalisierten Welt auftun.
"Nun sind die Studierenden von BW/Logistik und Handel herzlich eingeladen, auch den Schritt in Richtung Norden in das Double-Degree-Programm zu wagen", lädt Prof. Dr.-Ing. Ingo Dittrich ein. Der Leiter des Bachelorstudiengangs Logistik und Handel (LH) am Campus Gengenbach der Hochschule Offenburg möchte zur Teilnahme und zum Aufenthalt in Dänemark motivieren. Selbst wenn man einen Traumjob zuhause in der Ortenau anvisiere, Auslandserfahrung werde in der globalisierten Welt immer wichtiger und das Double-Degree-Programm biete optimale Rahmenbedingungen.