In der zweiten Förderrunde der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ haben die Hochschule Karlsruhe (Die HKA) und die Hochschule Offenburg den Zuschlag für ihr gemeinsames Verbundprojekt „Nachhaltige Mobilität in der Oberrheinregion – move.mORe“ erhalten. Das auf fünf Jahre angelegte Projekt mit einem Antragsvolumen von ingesamt 14,8 Millionen Euro verfolgt das Ziel, über einen forschungsbasierten Wissens- und Technologietransfer Lösungen für die nachhaltige Mobilität von Menschen und Waren und zur Energiewende in der Region Oberrhein – vor allem im ländlichen Raum – zu erarbeiten und regionalspezifisch zu implementieren. Mit dem Bewusstsein, dass eine Mobilitäts- und Energiewende nur als „Mitmach-Aktion“ von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, öffentlichem Sektor und Wissenschaft möglich ist, sollen bei der Umsetzung vor allem die Partizipation der Beteiligten und der gesellschaftliche Dialog im Mittelpunkt stehen.
Die von beiden Hochschulen und deren Partnern getragene Vision „Nachhaltige Mobilität 2030+“ fokussiert dabei auf die Verkürzung oder Vermeidung von Wegen zur Arbeit oder zur täglichen Versorgung sowie auf die Nutzung effizienter und emissionsfreier Mobilität wie Fußverkehr, E-Bikes, ÖPNV oder Sharing-Angebote. Die bedarfsgerechte Energieversorgung mit lokal zur Verfügung stehenden regenerativen Energien für die Mobilität von Personen und Waren werden ebenso im Mittelpunkt des Projekts stehen wie multimodale regionale Logistikkonzepte für den Gütertransport und agile, datenbasierte Verkehrsplanung und digitale Dienste für die Benutzer.
Die Projektkoordination für move.mORe ist an der HKA angesiedelt. Die HKA wird ihre Kompetenzen im Bereich der Mobilität über die Institute für Verkehr und Infrastruktur (IVI) und für Energieeffiziente Mobilität (IEEM) sowie über das bei ihr angesiedelte Baden-Württemberg Institut für Nachhalte Mobilität (BWIM) in das Projekt einbringen. Seitens der Hochschule Offenburg ist vorrangig das Institut für Nachhaltige Energiesysteme (INES) mit dem Regionalen Innovationszentrum für Energietechnik (RIZ) an der Umsetzung des Projekts beteiligt. Kooperationspartner des Vorhabens sind der Landkreis Rastatt, die Städte Rastatt, Lahr, Offenburg, Gengenbach, die Gemeinde Baiersbronn sowie das Aktionsbündnis TechnologieRegion Karlsruhe.
Das Vorhaben move.mORe beinhaltet zahlreiche Umsetzungsprojekte. Eines davon ist „Region der kurzen Wege“ mit den Kooperationspartnern Stadt Lahr, Landkreis Rastatt, Stadt Rastatt, Stadt Offenburg, Stadt Gengenbach, Gemeinde Baiersbronn und dem Beratungsunternehmen Trapico. Hier werden Konzepte erarbeitet, um die Auswahl der Verkehrsmittel zugunsten von Rad- und Fußverkehr zu verschieben. Gemeinschaftlich sollen Strukturen und Prozesse geschaffen werden, die eine dauerhafte Umgestaltung der Siedlungsstrukturen im Sinne einer „Region der kurzen Wege“ gewährleisten. Die Kommunen sollen befähigt werden, diese Auswahl der Verkehrsmittel und die Verkehrsleistung als wichtiges Steuerungselement in ihre Planungen einzubeziehen. Zudem soll die Bevölkerung an der Erarbeitung von Konzepten für wohnortnahes Arbeiten und die Versorgung sowie deren Erprobung beispielseise über Reallabore beteiligt werden.
Ein weiters Beispiel für ein Umsetzungsprojekt ist das Reallabor „15-Minuten-Land“. Es befasst sich mit der Problematik der sich stetig reduzierenden Versorgungsangebote auf dem Land und der damit verbundenen Zunahme von Verkehrsleistung mit dem Auto. Das „15-Minuten-Land“ legt den Fokus auf die Pendlerwege. Ein Netzwerkmanager erfasst Nutzungsbedarfe sowie Dienstleistungs- und Warenangebote gemeinsam mit den Akteuren vor Ort und eruiert Synergien mit anderen Nutzungen. Neue Konzepte für ein „15-Minuten-Land“ sollen zusammen mit mindestens einer der Partnergemeinden erarbeitet, implementiert und mit den Akteuren vor Ort weiterentwickelt werden.
„Die Förderung durch die Bund-Länder-Initiative ‚Innovative Hochschule‘ gibt uns im regionalen Verbund die Möglichkeit zu zeigen“, so Prof. Dr. Franz Quint, Prorektor für Forschung, Kooperationen und Qualitätsmanagement der HKA, „welche Innovationsmotoren die Hochschulen in enger Verbindung mit Unternehmen und Zivilgesellschaft sein können, um innovative Mobilitäts- und Verkehrskonzepte zu entwickeln, unter Beteiligung der Bevölkerung beispielsweise durch Reallabore in der Praxis zu erproben und über unterschiedliche Formate zu kommunizieren und so künftig für eine noch schnellere und zielgerichtete Umsetzung in die Praxis zu sorgen. Letztendlich werden wir über das Projekt den Technologietransfer in der Oberrheinregion zwischen Hochschulen, Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig befördern und eine eigene Transferkultur schaffen.“
Prof. Dr. Thomas Seifert, Prorektor Forschung und Transfer der Hochschule Offenburg, sagt: „Es tut uns Hochschulen gut, wenn wir uns weiter als bislang für den Austausch mit der Gesellschaft öffnen. Dazu gehört, dass wir Forschungsprojekte überall dort begleiten, wo Lösungen benötigt werden, also in Reallaboren vor Ort. Umgekehrt möchten wir Unternehmen, Kommunen und gesellschaftliche Initiativen verstärkt einladen, die Forschungsinfrastruktur der Hochschulen gemeinsam mit uns zu nutzen. So entsteht eine offene und durchlässige Infrastruktur in unserer Region, mit der wir Innovationen fördern und Fortschritt ermöglichen können."
Die Bund-Länder-Initiative zur Förderung des forschungsbasierten Ideen-, Wissens- und Technologietransfers – „Innovative Hochschule“ – wurde im Sommer 2016 von den Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern beschlossen. Sie soll Hochschulen darin unterstützen, sich im Leistungsbereich Transfer und Innovation, der auch als „dritte Mission“ der Hochschulen – neben Forschung und Lehre – bezeichnet wird, zu profilieren und ihre strategische Rolle im regionalen Innovationssystem zu stärken. Die Förderinitiative wird in zwei Auswahlrunden durchgeführt. Für die zweite Förderrunde wurden insgesamt 55 Hochschulen in 16 Einzel- und 13 Verbundvorhaben zur Förderung ausgewählt. Darunter sind 39 Fachhochschulen beziehungsweise Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, 3 Kunst- und Musikhochschulen sowie 13 Universitäten und Pädagogische Hochschulen. Insgesamt stellen Bund und Länder für die zweite Förderrunde bis zu 285 Millionen Euro zur Verfügung. Unter den 165 antragsstellenden Hochschulen befanden sich 110 Fachhochschulen, 42 Universitäten und Pädagogische Hochschulen sowie 13 Kunst- und Musikhochschulen.