Für die gebürtige Achernerin hat sich mit der Professur ein langgehegter Wunsch erfüllt. „Bei meinem vorherigen Arbeitgeber hatte ich viele Freiräume und konnte viele neue Innovationsthemen und -projekte im Bereich Daten-Management auch mit Hochschulen und Startups anstoßen. Doch die direkte Zusammenarbeit mit Studierenden, die ich aus vorangegangenen Tätigkeiten kannte, hat mir gefehlt“, erklärt Simone Braun. Außerdem will die 39-Jährige bestimmte und vor allem neue Themen tiefergehend erforschen. Im Wesentlichen geht es ihr dabei um drei Dinge: Die Schaffung eines ganzheitlichen Einkaufserlebnisses für jede Kundin, jeden Kunden, die Verknüpfung von stationärem und digitalem Handel sowie die gesellschaftliche Implikation, die ethischen Aspekte. Bei all dem spielen verschiedene Arten von Beziehungen eine wesentliche Rolle.
So sind zunächst einmal sogenannte Ontologien nötig, Konzepte, die Computern „Wissen“ zugänglich machen und diese in die Lage versetzen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. „Um es an einem ganz einfachen Beispiel zu erklären: Sobald die Schlagworte Lebensmittel, italienische Pasta, Hartweizen, Wasser, Salz, keine Eier, Spaghetti und Vermicelli digital und formal in Beziehung zueinander stehen, kann der Computer jemandem, der Spaghetti-Rezepte sucht, auch Vermicelli-Rezepte anbieten“, erläutert Simone Braun, deren 2014 mit dem Carl-Adam-Petri-Preis für Informatik ausgezeichnete Dissertation sich mit dem Thema „Kollaborative Ontologie-Entwicklung“ beschäftigte. Gleichzeitig dürfen die Angebote aber nicht zu gleichförmig sein, sich nicht immer nur in einer Filterblase bewegen, sondern müssen die Kundschaft auch mal in eine andere Richtung lenken. „Dazu gilt es die Voreingenommenheit der Algorithmen, die sogenannte Algorithmic Bias, zu beheben“, so die Professorin weiter.
Auch die Beziehung zwischen Anbieter und Kundschaft ist wichtig. Mit diesem Thema hat sich Simone Braun schon bei ihren früheren Arbeitgebern, der CAS Software AG und der Uniserv GmbH, einem spezialisierten Anbieter von Lösungen für Customer Data Management und Data Quality, intensiv beschäftigt. Dort ging es unter anderem darum, Kunden mit Hilfe von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz (KI) zu identifizieren, zu segmentieren und in der Folge gezielt anzusprechen. Damit die KI dies leisten kann, müssen die Kundendaten zunächst gesammelt und zu einer qualitativ hochwertigen Basis zusammengeführt werden. Dabei können Maschinelle Lernansätze helfen, Fehler in Datensätzen zu identifizieren und automatisch zu beheben. Datenqualität und KI stehen also in enger Beziehung zueinander.
Und je besser die Beziehung zwischen stationärem und digitalem Handel, umso besser wird das Einkaufserlebnis für die Kundschaft. Zum Beispiel wenn sie im Ladengeschäft gleichzeitig auch auf Onlineprodukte des Händlers zugreifen oder Zusatzinformationen zum Beispiel zur Lieferkette erhalten kann. Oder wenn sie zunächst von Zuhause aus übers Internet mit dem Händler Kontakt aufnimmt und erst ins Geschäft geht, wenn klar ist, dass der Besuch erfolgreich sein wird.
Zu guter Letzt geht es auch um eine ausgewogene Beziehung zwischen technisch Machbarem und ethisch Vertretbarem. „Technisch ist heute sehr, sehr viel möglich, aber die Frage, die wir uns dabei immer stellen müssen, ist, wie gehen wir mit den privaten Daten der Kundinnen und Kunden verantwortungsvoll um und wie weit wollen wir gehen“, betont die Professorin und spielt damit unter anderem auf die sogenannten Scoring-Systeme an, von denen die Shoppenden oft gar nichts mitbekommen. So können die Wohnadresse oder das benutzte Gerät heute schon darüber entscheiden, welchen Preis oder welche Zahlungsmöglichkeiten Kundinnen und Kunden angeboten bekommen.
All die genannten Beziehungen möchte Simone Braun mit den Studierenden weiter erforschen und entwickeln. Dabei bietet die Hochschule für angewandte Wissenschaften in Offenburg der Professorin eine Möglichkeit, die Sie schon in ihrem eigenen Diplom-Studium Mediensystemwissenschaften an der Bauhaus-Universität in Weimar kennen und schätzen gelernt hat: „Das gute an meinem Studium war insbesondere, dass es als Projektstudium aufgebaut war. Diese Projekte haben Theorie, Anwendung und Innovation zusammengebracht und wir Studierenden konnten dabei viel lernen und hatten immer viel Spaß. Ich finde es toll, dass ich dies nun auch an der Hochschule Offenburg weitergeben kann.“